Im Zickzack durchs Western Cape

Windiger Start

Wir kamen am 20. November 2019 in Kapstadt an. Es war sonnig, windig und kühl. Fast ein bisschen unangenehm kühl. Das kennen wir ja schon von unserer geliebten Mother City, aber ebenso kennen wir dann auch wieder einen schnellen Wechsel auf warm und windig. Windig ist immer… Aber diesmal mussten wir lange auf den Sommer warten. Wir hatten den kältesten und stürmischsten Sommeranfang, den wir dort je erlebt haben. Das erste Mal fingen wir an, die südafrikanischen Camper wegen ihrer für unseren Geschmack normalerweise zu aufwendigen und komplizierten Campingausrüstungen zu beneiden. Sie sassen in windgeschützten Vorzelten oder Vorvorzelten ihrer Wohnwagen, während wir uns Whatsapps schrieben, um nicht gegen den Wind schreien zu müssen. Froh waren wir, dass wir uns Hochlehnencampingstühle gekauft haben. Um die weitaus bequemere Sitzposition haben uns die Leute etwas beneidet, andere (oder die gleichen) spotteten auf Grund der etwas oma- und opaartigen Optik. Wir waren jedenfalls froh, dass wir uns mit dem grossen Rückenteil gut gegen den Wind abschirmen und jegliche Rückenschmerzen vermeiden konnten. Aber wir boten den Stürmen die Stirn oder die Rückenlehne und durften ja zwischendurch auch mal bei unseren Freunden Bettina und Uwe in Hout Bay oder bei Jenny in Greenpoint, Kapstadt wohnen. In deren Wohnungen gab’s dann zwar weniger Wind, aber immer noch Überbleibsel der langen Dürre, indem man sich daran gewöhnt hatte, in Wannen zu duschen, um jeden Tropfen Wasser mehreren Verwendungszwecken (WC, Garten) zuzuführen. Etwas mühsam, aber es erzeugte ein sehr gutes Gewissen. Das gemeinsame Trinken von Bier, Wein und Whiskey machte nicht ganz so ein gutes Gewissen, aber diese Flüssigkeiten mussten auch nicht mehreren Verwendungszwecken zugeführt werden. Hat auch mehr Spass gemacht als Wannen-Duschen. Es war toll und fühlte sich sehr vertraut an, Freunde wiederzusehen, mit ihnen Zeit auf gemeinsamen Campingtrips zu verbringen, Silvester in einer grossen Gruppe mit vielen bekannten Gesichtern zu feiern oder einfach in guter Gesellschaft am Lagerfeuer und einen Braai zu machen (südafrikanisch für grillen, grillieren, BBQ).

Viel Altes und einiges Neues

Wir reisten die ersten zwei Monate kreuz und quer durch das Western Cape Hier und hier (das erste „hier“ ist ergiebiger) verlinken wir mal die Seiten unseres 2018er Blogs über das Western Cape, falls jemand Lust hat, mehr Fotos und Berichte über diese südafrikanische Provinz anzuschauen). Wir haben wieder tolle Landschaften entdeckt, wie den Seweweekspoort, die Outeniqua Mountains bei George, das Tulbagh Valley und neue Gegenden der Cederberge. Immer wieder trafen wir bekannte Gesichter und lernten neue Menschen kennen. So wie z.B. Claus, den Cheeseman aus Knysna oder Adri, die Besitzerin des kleinen Farmstalls in De Vlugt auf dem Prince Alfred Pass nördlich von Knysna. Von Claus wurden wir mit Geschichten über die verheerenden Knysna-Brände 2017 und hervorragendem Käse überrascht, von Adri mit exzellentem Carrot Cake (Möhrenkuchen, Rüeblichuechä) verwöhnt und mit Geschichten aus ihrer Gastronomie unterhalten. Die Frau ist so ein Energiebündel und so herzlich wie sie rund ist. In Italien würde sie in die Kategorie Big Mama passen. Sie berichtete von einem frühmorgens erschienenem Gast, der die Passage über den verwegenen Pass gewagt hatte und dann kurz nach Öffnung ihres Farmstalls nach einem Kaffee mit Milch verlangte. Kaffee hatte sie schnell fertig, aber nun musste sie erstmal auf die Wiese nebenan die Kuh einfangen, um etwas Milch für ihren Gast zu melken. Während sie uns dies erzählte, schauten wir zu der besagten Kuh hinüber, die den Blick erwiderte und zu denken schien: Wagt es ja nicht… Blöde Kuh!

Festtage mit Freunden

Wir tingelten dann ein paar Wochen durchs Land, bis wir merkten, dass wir gegen Weihnachten ganz in der Nähe von Bettinas und Uwes Landsitz (sein Vater nannte dies Stück der Kleinen Karoo Stroppelacker) sein würden und besuchten die beiden über die Festtage. Es waren ungemein lustige und kalte Tage. Lustig, weil wir es wirklich gut miteinander hatten; kalt, weil das Wetter einfach keine Ruhe gab und uns an den Abenden in das Luxuszelt zurückdrängte. Trotzdem hatten wir tolle Tage und konnten uns auch schon gut auf die geplante Silvesterparty mit dem Motto: „Kinky Twenties“ vorbereiten. Dabei half uns ein Second-Hand-Shop in dem kleinen Ort Van Wyksdorp, dem wir diesen Shop mit derartiger Qualität nicht im Traum zugetraut hätten. Gut gerüstet ging es dann weiter Richtung Westküste, wo die besagte Silvesterparty stattfinden sollte, mit einem Stop auf dem Camp der Farm Fraaigelegen bei Tulbagh. Diese kannten wir schon von unserer letzten Reise und dachten, wir hätten trotz der grossen Ferien dort gute Chancen auf einen Platz. Und so überraschten wir die Besitzer Ven und Jürgen und natürlich bekamen wir einen Platz. Dass dieser in der ersten Reihe eines Riesenspektakels lag, war im Verhältnis zur erwarteten Ruhe eine kleine Überraschung. Eine Motorradgruppe aus Schweizern und Deutschen mit Begleit-LKW, bestehend aus 20 Enduros, die mit dem Ziel Namibia auf der Durchreise waren, sorgten für ausreichend Unterhaltung und Geräuschkulisse. Der Altersdurchschnitt der Biker schien im höheren 60er-Bereich zu liegen, so dass durch die vielen Transite zwischen den Zelten und den WCs auch nachts für ausreichend Beschallung gesorgt war. Reissverschluss auf, Reissverschluss zu, Reissverschluss auf, Reissverschluss zu … Als die Gruppe am nächsten Tag mit einem unglaublichen Geschwurbel das Camp verlassen hat, kehrte eine Ruhe ein, an die wir uns erstmal gewöhnen mussten. Aber das war nur die Ruhe vor dem Sturm, der dann drei Tage später auf dem Camp Jakkalskloof losbrach, als wir mit Uwe als DJ und einer sehr lustigen Truppe von 26 Leuten das Neue Jahr begrüssten. Es gab skurrile Feuertänze und extrovertierte Introvertierte, wie wir uns das vorher nie ausgemalt hätten. Und es hat einen riesigen Spass gemacht. Um einen gewissen Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten, können wir die Fotos dieses Abends hier nicht veröffentlichen – schade.

Auf zum letzten Abschnitt vom Süden nach Norden

Im Januar haben wir dann nochmal eine Runde durchs Westkap gedreht. Alte Versäumnisse haben wir aufgearbeitet, indem wir das bisher von uns vernachlässigte Cape Agulhas, den südlichsten Punkt Afrikas, besucht haben. Na ja… das hätten wir uns auch sparen können. Es war krass zu sehen, wie sehr einige Gegenden, wie die Kleine Karoo unter der schon Jahre bestehenden Dürre litten, während andere Landstriche, wie die Gegend um Ceres, südlich der Cederberge, so viel Regen hatten, dass die Dämme, in denen der Regen gesammelt wird, randvoll waren. Hier war alles grün und wunderschön, während die anderen Gegenden traurig vor sich hin kümmerten. Dort warteten alle Lebewesen sehnlichst auf Regen. An dieser Stelle kann ich schon mal vorwegnehmen, dass der dann auch bald kam. Die Menschen machten dann Freudentänze in den Pfützen auf den Strassen. Kein Mensch sprach vom schlechten Wetter. Die Erleichterung war gross, weil eine derartig lange Dürre kaum zu verkraften ist. Glücklicherweise gab es dann etwas später nochmals kräftige Regentage. Für uns fühlte sich Regen nicht immer gut an, besonders wenn er chronisch wurde und seine feinen Aerosole so langsam in unser Bettzeug schlichen. Einen Dauerregentag erlebten wir in der Nähe von McGregor, wo wir Aka und Volker aus Deutschland kennenlernten, die dort überwinterten. Beide sind sehr erfahrene Reisende und wir erhielten wertvolle Tipps für einen zukünftigen Trip durch die Wildnis Nordamerikas. Volkers Devise „Jeder Tag ohne Shorts ist ein verlorener Tag“ sollte sich gleich am nächsten Tag unter Beweis stellen. Tatsächlich fühlte dieser Regentag sich recht verloren an. Wir verbrachten den ganzen Tag unter unserer Markise, konnten es aber trotzdem nicht verhindern, dass alles klamm und feucht wurde. Und wir schlüpften dann irgendwann aus unseren kurzen Hosen in die langen. Am nächsten Tag flüchteten wir nach McGregor, einem kleinen, gemütlichen Ort mit herzigen (wer hat denn hier wohl lektoriert?) Läden und netten Restaurants. Wir assen dort im Restaurant 51 und suchten uns von dort aus eine Unterkunft zum Überstehen des Regens. Das sehr gemütliche Reetdachhaus, das glücklicherweise ab sofort für zwei Tage frei war, hatte so einen Regen auch schon lange nicht gesehen. An mehreren Stellen tropfte es durch das Dach und Dennis, der Besitzer, erzählte uns, dass er das Grundstück mit den zwei Häusern vor neun Jahren gekauft habe. Noch nie habe es einen Regen gegeben, der das Dach so alt habe aussehen lassen. Wir genossen die Kate trotzdem und würden dort gerne mal bei schönem Wetter wohnen. Irgendwann… Ins 51 gingen wir in diesen Tagen öfter. Die Leckereien und der Kaffee waren super und die beiden Besitzer Gerald und Philipp beeindruckten uns mit ihren Erzählungen über die Entstehung des Restaurants, ihrer Art der Veredlung von Nahrung und ihre Pläne für einen angegliederten Shop. Als sich das Wetter nach zwei Tagen besserte, zog es uns in die Cederberge, eines unserer Lieblingsgebirge in Südafrika. Wir lieben die Wildheit und die Stimmung dieser Bergwelt und waren froh, dass es wieder Nebensaison war. Wir wohnten dort auf einem Camp, auf dem normalerweise einmal im Jahr militärische Sondereinsatzkommandos Nachteinsätze mit Helikoptern trainieren. Bei den Berichten über das zusätzliche Einkommen, das der Farmer dafür generierte, und über seine Erfahrung, hier mal mitgeflogen zu sein, konnte er sich ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen. Wir konnten uns direkt vorstellen, wie apokalyptisch die Stimmung war, wenn die Helis beleuchtet durch das dunkle, weite und einsame Tal geknattert kommen. Wir waren aber völlig allein auf diesem wunderschönen Campingplatz und machten von dort aus Ausflüge zu Weinfarmen, tollen Felsformationen und berühmten Buschmannzeichnungen. Und natürlich war dann auch die Sonne wieder da. Von dort arbeiteten wir uns über die Enjo-Farm nördlich der Cederberge, wo wir zwei Tage damit verbrachten, Paviane mit unserer Steinschleuder zu verjagen, durch die wilden und wüstenartigen Gebiete des Northern Capes bis nach Upington vor. Wir überquerten den Doring River, der im Gegensatz zur Durchfahrung im Oktober 2018, wo wir mehr unter als über dem Wasser fuhren, knochentrocken war. In Upington statteten wir uns mir Proviant für unseren Trip in den Kgalagadi Nationalpark aus. Es lag eine Strecke von ca. 250 km bis zum Parkeingang und 220 km innerhalb des Parks bis in die botswanische Mabuasehube vor uns. Ein Teil dieser Strecke war schwierig zu befahrendes Dünengelände, das nicht mal unserem Land Cruiser Spass machte. Dieser musste dabei auch einige Federn lassen.

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