Die letzten Wochen in Freiheit

Bilderbuchland Namibia

Wir lieben Namibia schon lange. Das ist für uns das Land der wunderschönen Landschaften, die einem oft das Gefühl vermitteln, dass man durch ein Fotoalbum oder Bilderbuch fährt. Details und interessante Berichte über einzelne Regionen findest du auf unserem vorigen Reiseblog. Unter Namibia findest du einzelne Rubriken, die die meisten Gegenden des Landes abdecken.

Die Mission Land Cruiser

Diesmal waren wir mit der Mission unterwegs, dass wir es bis Windhoek schaffen wollen und müssen, weil nur da sichergestellt ist, dass unser Fahrzeug repariert werden kann. Das wurde es dann auch und wir sind Stefan von Auto Repairs Etzold dankbar, dass er sich da so hineingekniet hat. Das war nicht einfach, da wir gerne ein Lösung wollten, die uns nicht wochenlang in Windhoek hält und bezahlbar war. Das hiess, die Ersatzteile sollten möglichst vor Ort vorrätig sein und nicht erst aus Johannesburg oder Japan bestellt werden müssen. Trotzdem kamen wir nicht umhin, zehn Tage in der Stadt zu bleiben. Nachdem wir zuerst eine einfache backpakermässige Pension wählten, haben wir im zweiten Anlauf ein tolles Airbnb gefunden, das wir sehr genossen haben. Mal wieder richtig wohnen. Da das Wetter in diesen Tagen nur mässig war, haben wir es uns indoor richtig gemütlich gemacht. Langes Frühstücken, Cafébesuche, ein bisschen Shopping, Dinner mit Apéro, TV am Abend.

Frisch repariert in die Wüste

Windhoek hat in der aktuellen Regenzeit so viel Regen gehabt, wie schon lange nicht mehr und es war so grün, wie wir es noch nie erlebt hatten. Als wir irgendwann mit unserem reparierten 4×4 wieder ins Ländliche durften, stellten wir fest, dass auch die Umgebung in einem Radius von ca. 90 km ungewöhnlich grün war. Danach aber war es wie gewohnt: Karg, trocken, dürr. Wüste eben. Die Namib. Und fantastisch! Wir kreuzten einige Tage im Namib Naukluft Gebirge herum und suchten uns schöne Campingplätze in ganz unterschiedlicher Natur. Wir campten in der Wüste, neben Flussbetten, im Gebirge und mit Blick auf 1000 Hügeln. Wunderschöne Orte. Von da ging es nach Walvis Bay und nach Swakopmund an die Küste. Ein bisschen urbane Umgebung tat genauso gut, wie ein guter Flat White (ähnlich wie ein Cappucino) und ein Stück Cheese oder Carrot Cake. Wir besuchten die Rösterei von ‚Two Beards‘ (die beiden Besitzer haben wirklich Bärte) und die Metzgerei von Manni, den wir schon seit Jahren kennen und der neben seiner Metzgerei den Campingplatz Sophia Dale betreibt. Das gute an diesem Platz ist die Lage. Swakopmund wird oft am Morgen vom Nebel heimgesucht, da es mitten in der Namib, der Nebelwüste, liegt. Dieser Nebel reicht am Vormittag bis 10 km ins Land hinein. Und genau auf dieser Grenze liegt das Camp, so dass die Chance gut steht, morgens blauen Himmel zu erwischen.

Kurzer Abenteuer-Trip

Der nächste Trip ging entlang der Küste bis kurz nach Henties Bay, weiter Richtung Brandberg und dann querfeldein durch die Wüste zum Messum Krater. Diese Strecke war so faszinierend wie sie abenteuerlich war. Strassen und Pfade gab es keine. Das Navigationssystem war etwas ungenau in dieser Gegend und die Spuren, denen wir folgten, verliefen sich entweder im Nichts oder splitteten sich in viele verschiedene auf. Auch die Panikbeschallung vom Beifahrersitz konnte die Fahrt nicht angenehmer machen. Irgendwann entschieden wir uns, einfach auf dem Weg zu übernachten. Es war eine wunderschöne, unberührte, wilde Gegend, die ich nicht missen wollte und dafür gerne (= gelogen) alle Geräusche innerhalb der Fahrzeugkabine in Kauf nahm. Die Mühen wurden mit einer schönen Abendstimmung und einem tollen Sternenhimmel belohnt. Der nächste Morgen erwischte uns nasskalt, weil – wie schon berichtet – die Namib eine Nebelwüste ist und uns mal zeigen wollte, was sie alles kann. Trotzdem ging die Odyssee entlang irgendwelcher Tracks weiter, immer mit der Absicht, das vom Navi vorgegebene Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das gelang uns ganz gut und wir erreichten den Messum Krater aus einer Richtung, die mit einem Schild „No Entry“ gekennzeichnet war, gerade rechtzeitig zum späten Frühstück. Und das schmeckte nach so einer Tortur doppelt so gut. Ausserdem tat es dem Abenteurer in mir irgendwie gut, etwas – wie es schien – „Verbotenes“ getan zu haben. Auch in den nächsten Stunden trafen wir keine Menschenseele. Das änderte sich erst, als wir nach der Durchfahrung miesester Schotterwege die Küstenstrasse entlang der Skeleton Coast erreichten. Aber dort trafen wir bis zum Abend auch nur drei Fahrzeuge. Wir mussten auf den letzten Metern bis zum Eingang des Skeleton National Parks richtig Gummi geben, da der letzte Einlass für eine Durchquerung um 15.00 Uhr war. Als wir das Gate um 15.05 Uhr erreichten, durften wir trotzdem noch hinein, konnten dem Blick der Mitarbeiterin aber entnehmen, dass sie derartige Verspätungen von ihren Schweizer Besuchern nicht gewohnt war. Wir durchquerten den Park in 2,5 Stunden und verliessen ihn in Richtung Damaraland etwas enttäuscht. Wer wilde Küstenstrassen liebt, ist mit der südafrikanischen Namaqua National Park Küstenroute aus meiner Sicht viel, viel besser bedient. Ein Traum. Aber danach wurde es auch traumhaft. Die Abendstimmung im Damaraland ist überwältigend. Die Landschaft wirkt im frühen Abendlicht noch phänomenaler als sonst. Wir suchten uns ein Plätzchen in der Wildnis und verbrachten dort die Nacht. Bevor wir am nächsten Morgen frühstücken konnten, mussten wir erstmal einen Reifen wechseln, da sich aus diesem die Luft rar machte. Zum Glück nur langsam, da wir sonst in Schräglage hätten schlafen müssen. Es stellte sich später heraus, dass sich ein grosses Stück Eisen, das eigentlich nicht in dieser Gegend wächst, in das Gummi gearbeitet hatte.

Der Tag der alles änderte

Das Mowani Mountain Camp in der Nähe von Twyfelfontain war unser nächstes Ziel. Dieses Camp hatten wir als eines der schönsten auf unseren vorigen Reisen in Erinnerung. Und diesmal wurde es zu einem unserer denkwürdigsten Aufenthalte. Im Mowani angekommen, sind wir erstmal auf die luxuriöse Lodge gefahren, die wunderschön inmitten von runden Felskugeln eingebettet ist. Man campt dort am Rande der Felsen mit Blick in die Steppe. Sehr afrikanisch. Sehr schön. Die Lodge hält eigentlich gerne die Camper von den Lodge-Gästen weg, aber wir haben schon letztes Mal Tricks gefunden, um an einen Gin Tonic und das Wifi der Lodge heranzukommen. Diesmal funktionierte das noch besser, denn die Lodge war im Notfallmodus. Wir erhielten sehr schnell die Information in Form eines Schreiben der namibischen Regierung, dass am Vortag, den 14. März 2020, abrupt alle Langstreckenflüge von/nach Deutschland, Qatar und Äthiopien verboten worden sind, weil zwei Touristen, die einen Tag vorher eingereist waren, positiv auf das Coronavirus getestet wurden – die ersten Fälle. Für Touristen gab es kurzfristig nur noch den Weg über Südafrika, um das Land zu verlassen. Das versetzte viele der Gäste, die zum Teil aus Ärzten und Piloten  bestanden, in einen aufgeregten Panikmodus. Es wurde das sowie schon schwächliche Internet zum Glühen gebracht, um sicherzugehen, dass man noch in den nächsten zwei Tagen eine Rückflugmöglichkeit über Südafrika erhascht. Dass Namibia damit drohte, seine Grenzen ganz zu schliessen, erhöhte den Druck nicht unerheblich. Ein Paar aus Deutschland, die mit einem Kleinflugzeug mit Privatpilot durch das südliche Afrika jetten wollte, brach ihre Traumreise noch am späten Nachmittag ab und flüchtete mit ihrer Cessna Richtung Windhoek. Die Kombination aus panischen Gästen und des über das Haus startenden Flugzeuges hatte schon etwas besonders Bizarres. Und das fast riechbare Adrenalin, das den Raum füllte, stand im krassen Kontrast zu der entspannten Ausstrahlung der namibischen Mitarbeiter der Lodge. Und irgendwo dazwischen waren wir.

Abbrechen oder bleiben?

Nachdem wir dann auf unser Camp gefahren sind, kam die alte Ruhe zurück und wir dachten über unsere Optionen nach. Aber viel wichtiger: Wir machten erstmal Feuer und legten ein leckeres Stück Fleisch auf den Grill. Am nächsten Tag verlängerten wir die Buchung um eine weitere Nacht, genossen den schönen Ort, liessen unseren Reifen flicken und beobachteten die anderen bei der Erstellung ihrer Fluchtpläne. Uns taten dann schon die Mitarbeiter leid, die in Kürze keinen Job mehr haben würden, weil der Tourismus, eine starke Industrie des Landes, an diesem Tag begann zusammenzubrechen. Als wir am nächsten Tag dieses „Flüchtlingscamp“ verliessen, reiste plötzlich eine ganz neue Stimmung mit. Die normalerweise ohnehin wenig befahrenen Strassen kamen uns jetzt apokalyptisch leergefegt vor. Die fast vollkommene Abwesenheit von Toyota-Pickups mit grünen Dachzelten, die fast schon als das Symbol für europäische Reisende gelten, hatte etwas reinigendes. Wildnis fühlte sich dadurch wieder etwas wilder und urtümlicher an. Wir stellten uns vor, wie angenehm es sein müsse, jetzt im Etosha Nationalpark zu sein und alles fast für sich zu haben. Himmlisch. Egoistisch. Andererseits stand das Fehlen dieser Fahrzeuge ja für etwas Bedrohliches. Und auf das wollten wir so gut wie möglich vorbereitet sein. Deshalb galt für uns die Nähe zu Windhoek als die beste Option. Zum einen musste unser Land Cruiser noch mal zu „Doktor“ Stefan, zum anderen erreichten uns Entscheidungen der Regierung für den weiteren Umgang mit dem Virus dort viel leichter. Etosha musste noch etwas warten. Wir buchten über Airbnb ein Haus in der Nähe Windhoeks, da wir für den Fall, dass die Stadt abgesperrt werden würde, dann ausserhalb der bisherigen polizeilichen Checkpoints sein würden. Dort wollten wir nur kurz ausharren und beobachten, was sich nun entwickeln würde. Aber wir haben uns so wohl gefühlt, dass wir uns vorstellen konnten, hier auch zu überwintern. Als dann absehbar wurde, dass Namibia in Kürze in Ketten gelegt würde, blieben wir einfach.

2 thoughts on “Die letzten Wochen in Freiheit

  1. Hallo ihr zwei
    Jetzt bin ich aber überrascht – schon wieder auf Reisen und sooo lange!?!! Damit ich nicht lange Recherchen anstellen muss: wie lange seid ihr nach eurer letzten Reise in der Schweiz gewesen, bevor ihr die Zelte bereits wieder abgebrochen habt? Und wie genau ist – wenn dieser blöde Virus nicht die ganze Welt lahm legen würde – eure jetzige Reise geplant? Oder wollt ihr nur noch reisen, das habe ich irgendwie nicht ganz aus den Zeilen rauslesen können. Wie auch immer, ich wünsche euch alles Gute, bleibt gesund und postet weiterhin soooo tolle Fotos (an denen freue ich mich am Meisten, da ich zeitweise etwas lesefaul bin ;-)) .
    Liebe Grüsse aus der etwas kühlen und regnerischen Schweiz
    Fränzi

    1. Hi Fränzi
      Wir waren zwischen unseren Reisen fast ein Jahr in Baar. Unsere nächsten Ziele kennen wir noch nicht, weil entweder Dinge wie der kleine Virus oder wir selbst unsere Pläne immer mal wieder ändern. Ja, wir wollen in Zukunft überwiegend reisen. Wie lange wissen wir noch nicht. Eher länger als kürzer. Aber, wenn möglich wollen wir schon dieses Jahr nochmal die Schweiz sehen. Möglichst vor dem nächsten Winter.
      Dir weiterhin viel Spass mit unseren Bildlis. In den Phasen, wo du nicht lesefaul bist, gibt es dann einiges nachzuholen.
      Sonnige Grüsse
      Tom & Simone

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