Grau in allen Schattierungen

Auf geht’s Richtung Norden –

Wir gelangten nach der Abenteuer Allrad Messe, die am 19. Juni 2022 endete, über langweilige deutsche Autobahnen und ein überraschend interessantes Holland mit der Fähre von Hoek van Holland nach Harwich. Von dort ging’s noch ein ganzes Stück durch England, wo wir wirklich schöne Flecken zum Übernachten fanden und angenehme moderate Temperaturen genossen.

Fàilte gu Alba – Welcome to Scotland

Mit jedem Kilometer, den wir auf dem Weg nach Schottland zurücklegten, schien sich der Sommer zu verabschieden. Das war ja auch nicht ganz unerwartet, traf uns aber auf Grund der Länge dieser kühlen, grauen Wetterlage in Kombination mit den Gute-Wettermeldungen von überall aus Europa, härter als wir erwartet hatten. Selbst aus Nordnorwegen erhielten wir Fotos von Freunden, die auf Grund der hohen Temperaturen täglich mehrmals in den See „mussten“. Obwohl das schottische Wetter uns wie eine Zumutung erschien, trösteten uns die Aussagen der Schotten, die diesen Sommer für einen relativ guten Sommer hielten. Normalerweise gäbe es viel Regen und mehr von diesen kleinen fiesen Mücken, die man dort Midges (woanders Kriebelmücken, Black Flies oder Gnitzen) nennt.

Der schottische Trost

Zum Glück gab es ja auch noch typisch schottischen Trost, den man dort Whisky nennt. Dieser Trost wirkt sowohl schneller als auch intensiver, ist aber auch etwas teurer. Wir wären gerne mal auf ein Whisky-Tasting gefahren. Dagegen sprach aber die mir selbst auferlegte 0-Promille-Grenze und das Verbot der Whiskydestillerien, auf ihren Parkplätzen zu übernachten. Also improvisierten wir, indem wir in einem Whiskyladen eine Reihe Mini-Flaschen verschiedener Marken kauften und diese auf einem Übernachtungsplatz degustierten. Auf diese Weise erhielten wir eine Auswahl an uns gut schmeckenden Whiskys aber unser volles Bewusstsein erst am nächsten Morgen wieder zurück. Und wir lernten, dass Whisky wunderbar wärmt. Und das konnten wir immer wieder gut gebrauchen. Aber auch die Freundlichkeit der Inselbewohner hatte etwas erwärmendes. Überall trafen wir auf nette und freundliche Leute, die besonders im Strassenverkehr ein sehr entspanntes und höfliches Verhalten zeigten. Wenige Ausnahmen bildeten die Autofahrer, die nachts an den Stellplätzen vorbeifuhren und ihr Missfallen über die dort platzierten Camper durch lautes Hupen kundtaten.

Fantastische Landschaften

Die Landschaft der schottischen Highlands und Inseln hat ihren eigenen Charme, der selbst in der Farbe Grau begeistern konnte. Was man aber an naturgewaltiger Schönheit alles verpasst, wurde uns in den wenigen Stunden (nicht Tagen!) mit beglückendem Sonnenschein vor Augen geführt. Diese Schönheit hat uns immer mal wieder aus dem Fahrzeug gelockt und uns in die Natur oder irgendwelche Schlossgärten getrieben. Einer der beeindruckendsten Besuche war das Balmoral Castle, der schottische Königssitz. Dass die Queen hier kurze Zeit nach unserem Besuch verstirbt, war zu der Zeit nicht zu ahnen. Sollte es noch Beweise für eine Kausalität zwischen guter Ernährung und Alter bzw. Aussehen brauchen, würde man diese in Schottland ohne langes Suchen finden. Die wunderbaren Biogärten des königlichen Anwesens könnten in einem direkten Zusammenhang mit dem guten Aussehen und der langen Lebensdauer der Queen stehen, während das Aussehen vieler Schotten etwas mit den an jeder Ecke lauernden Fish & Chips-Buden zu tun haben könnten. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch und die Queen hat sich jeden Tag Fish & Chips zum High Tea bringen lassen.

Von engen Strassen in noch engere Strassen

Als wir Schottland nach ca. vier Wochen Richtung Süden verliessen, trafen wir auf einen Teil von England, den Lake District, der Schottland in seiner Schönheit nicht nachstand, aber uns mit etwas mehr Sonne bestach. Doch die Sonne und die sommerlichen Temperaturen konnten leider die meisten anderen Gegenden von Wales auch nicht schönreden. Da hätte es wohl noch mehr Whisky gebraucht. Um diese Gegenden aber etwas herausfordernd zu machen, haben sich die Briten etwas besonderes einfallen lassen. Sie bauten besonders enge Strassen, die sie mit hohen Hecken schmückten, um die Übersichtlichkeit auf Null zu bringen. Das gelang den Schotten weniger gut, weil Hecken sich dort im Norden nicht so wohl fühlen. Und obwohl die Schotten sprichwörtlich geizig sein sollen, waren sie doch beim Bau von Ausweichplätzen viel grosszügiger als die anderen Briten. Unter dem Strich kann man sagen, dass Schottlands Strassen streckenweise etwas nervig sind, während die in England und Wales den Test nicht bestanden haben.

Natürlich sind wir immer wieder mal kurz in das grossstädtische Treiben eingetaucht. Dafür haben wir uns die schottlischen Metropolen Edinburgh und Glasgow sowie das englische Liverpool ausgesucht. Keine hat uns wirklich vom Sockel gehauen und jede Überlegung etwas länger zu bleiben, erstickte sich sofort im Keim. Hilfe, wir werden alt…

Das moderne Holland

Nachdem wir nach zwei Monaten die Britischen Inseln wieder verlassen haben, begrüsste uns Holland mit allerschönster Sommerstimmung, die uns einige Tage durch das Land in Richtung Norddeutschland begleitete und Lust auf mehr machten. Im Gegensatz zur Grossbritannien wirkte Holland frisch, sauber, modern und aufgeräumt. Es schien, als habe man sich sehr viel Mühe gegeben, um sowohl der Natur wie auch den verschiedenen Bedürfnissen der Menschen Raum zu geben. Ob die Natur das auch so empfindet, bezweifel ich etwas. Vielleicht würde sie sich doch etwas über die Bevölkerungsdichte und die hohen Stickstoffemissionen der Agrarindustrie mokieren.

Besonders schön ist die Vielzahl an Gewässern. Überall gibt es kleine oder grosse Meere, Flüsse oder Kanäle. Der Rest von Holland scheint aus Radwegen zu bestehen. Wir hatten Glück, dass wir sehr schöne Übernachtungsplätze gefunden haben, natürlich ausserhalb von Campingplätzen. Ein besonderes Erlebnis hatten wir auf einem Stellplatz an einem Jachthafen. Dort wurden wir Beobachter einer jährlich wiederkehrenden Tradition eines Plattbodenschiff-Rennens, bzw. dem Ausklang davon, das in einer Party mit Shanty-Chor, Festansprache und gemeinsamen Essens endete. Wir hätten fast den Eindruck gewonnen, dass man dieses Fest für uns ausrichtete, bis wir merkten, dass wir zu dem Essen nicht eingeladen waren. Eigentlich schade.

Von Treffen zu Treffen

Von dort ging es durch das bezaubernde Ostfriesland nach Hamburg, wo viele schöne Begegnungen mit Familie und Freunden auf uns warteten. Leider war die Zeit knapp, weil der lange Weg in die Schweiz vor unserer Abreise nach Namibia noch zu bewältigen war. Auch die Fahrt durch Deutschland und die Zeit in der Schweiz wurden durch viele Treffen mit Familie und Freunden bereichert. Nach diesem „winterlichen“ Sommer freuten wir uns besonders auf das sommerliche Namibia und ich kann jetzt schon verraten, dass wir keine Sekunde enttäuscht wurden. Hier galt dann endlich wieder: Hauptsache Frühstück im Freien!

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